Wir stehen an einem Wendepunkt, an dem sich mehrere Pfade in die Zukunft abzeichnen. Einer dieser Pfade, der tiefgreifendste und potenziell risikoreichste, führt in eine Ära, die wir als das Omegacene bezeichnen.[1] Dieser Begriff beschreibt keine ferne Vision, sondern eine sich abzeichnende Realität, die ein neues Maß an Verantwortung erfordert – eine Konstellation, in der Chancen und Gefahren untrennbar miteinander verbunden sind.
Das Omegacene kann als die Epoche der gesteuerten Evolution verstanden werden: jener Moment, in dem die Entwicklung des Lebens und der Intelligenz nicht mehr primär dem Zufall überlassen wird. Es beschreibt eine Phase, die eintritt, wenn konkurrierende Intelligenzen – biologische, künstliche und hybride – die Fähigkeit erlangen, evolutionäre Prozesse gezielt zu steuern. Ihr Ziel ist es dann nicht mehr nur, die Welt zu gestalten, sondern ihre eigene, exklusive Version von ihr zu programmieren und durchzusetzen.
Die Werkzeuge für diese Transformation sind bereits in Entwicklung: Biotechnologie, die den genetischen Code modifiziert; künstliche Intelligenz, die kognitive Prozesse erweitert; und Neurotechnologie, die das Bewusstsein mit digitalen Netzwerken verbindet.
[1] Omegacene: Ein von uns geprägter Begriff, der eine zukünftige Ära beschreibt, in der die Realität selbst durch konkurrierende Intelligenzen gestaltbar wird.

Vom Anthropozän zum Konflikt der Seinsweisen
Das Anthropozän war die Epoche, in der die Menschheit zu einer geologisch wirksamen Kraft wurde. Das Omegacene beschreibt den Übergang zu einer Ära der noch weiter reichenden bewussten Realitätsgestaltung. Aus dieser Möglichkeit erwächst eine Auseinandersetzung zwischen fundamental unterschiedlichen Seinsweisen. Während der Transhumanismus den Menschen optimieren und der Posthumanismus ihn dezentrieren will, postuliert das Konzept des Omegacene die unausweichliche Konfrontation dieser und anderer Entwürfe, und zwar auch im kosmischen Maßstab. Es ist eine Epoche, in der die Definition von Wirklichkeit selbst zum zentralen Konfliktfeld wird.
Die entscheidenden Aushandlungsprozesse verlagern sich von der Ebene der Ressourcen und Territorien auf die der fundamentalen Existenzprinzipien. Der genetische Code wird von einem offenen Quellcode zu einem umstrittenen Protokoll. Der menschliche Körper ist nicht länger nur eine gestaltbare Plattform, sondern eine ideologische Frontlinie. Und der Tod wird von einer biologischen Notwendigkeit zu einer strategischen Variable.

Die Architektur des Seins
In dieser neuen Konstellation wird das individuelle Selbst, das „Ich“, zu einem Paradox: Es strebt nach Auflösung in größeren, kollektiven Intelligenzen und muss sich zugleich als autonome Einheit gegen Vereinnahmung verteidigen. Neurotechnologien versprechen die Verbindung zu solchen Kollektiven, schaffen aber gleichzeitig die Infrastruktur für eine mögliche Kontrolle. Künstliche Systeme könnten zu bewussten Partnern werden – oder zu perfekten Überwachungsinstrumenten. Das Streben nach Kreativität und tiefer Verbindung wird zu einem zentralen Wert und zugleich zu einer neuen Angriffsfläche für Manipulation. Jede neu gewonnene Freiheit eröffnet neue Möglichkeiten und schafft zugleich neue Risiken.
Der daraus erwachsende Gestaltungsauftrag ist eine Aufforderung zur Übernahme von Verantwortung. Die Werkzeuge, die uns zu Schöpfern machen, können ebenso zu unseren Herrschern werden. Künstliche Intelligenzen sind nicht neutral; sie spiegeln die Werte und Vorurteile ihrer Entwickler wider. Sie stellen uns vor die Wahl: Werden wir zu passiven Nutzern einer algorithmisch geformten Zukunft – oder gestalten wir die Regeln dieser Entwicklung aktiv mit?
Dieses Buch soll einen analytischen Rahmen für diese Debatte bieten. Es skizziert eine Welt, in der Städte auf Datenströme reagieren, Maschinen zu Co-Designern werden und Bewusstsein zu einem formbaren Medium wird. Es ist ein Plädoyer dafür, die Erde nicht als Grenze, sondern als Ausgangspunkt zu begreifen, von dem aus die Menschheit ihre Zukunft gestaltet. Die Auseinandersetzung mit dem Omegacene ist kein fernes Szenario. Sie ist eine Beschreibung der Herausforderungen, die sich bereits heute stellen. Es ist der Beginn eines Spiels um die Wirklichkeit selbst.
Alexia & Dirk de Pol
Alexia und Dirk de Pol? Das sind wir, die Köpfe hinter OMEGACENE und die Autoren des gleichnamigen Buches, das 2025 erscheint. Mit unserer Think-and-Do-Agentur KEYANDO verstehen wir uns als kreative Vordenker eines neuen Zeitalters. Unser Ziel: eine Welt zu entwerfen, in der diese Dimensionen nicht nur koexistieren, sondern zu vielfältigen, neuartigen Formen des Seins verschmelzen – Formen, mit denen wir die Herausforderungen unserer Zeit meistern können. Mit unserem Buch laden wir dazu ein, nicht nur in eine visionäre Zukunft einzutauchen, sondern sie mutig, reflektiert und schöpferisch mitzugestalten.
LET’S GO!

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Die Epoche kosmischer Evolution
Die Frage nach der Zukunft des Menschen und was nach ihm kommen könnte, hat die Nischen der akademischen Spekulation verlassen und ist zu einer zentralen kulturellen Auseinandersetzung unserer Zeit geworden. Angetrieben durch exponentielle Fortschritte in Biotechnologie, künstlicher Intelligenz und Neurotechnologie, kristallisieren sich drei rivalisierende Denkmodelle heraus, die als konkurrierende Betriebssysteme für die Zukunft verstanden werden können: die Vision der radikalen Optimierung, die der fundamentalen Kritik und die des daraus resultierenden ontologischen Kampfes. Der Transhumanismus, der Posthumanismus und das hier postulierte Szenario des Omegacene sind keine aufeinanderfolgenden Epochen. Sie sind bereits heute aktive Ideologien, die um Weltbilder, Gesellschaftsformen und die Definition von Realität selbst ringen.
Der Transhumanismus: Das Projekt der Optimierung
Der Transhumanismus vertritt eine Position der radikalen Optimierung. Er wurzelt in einem tiefen Glauben an die technologische Perfektionierbarkeit des Menschen.[1] Für seine Verfechter ist der biologische Körper keine unveränderliche Gegebenheit, sondern eine veraltete Hardware – ein fehlerhaftes Betriebssystem, das eines Upgrades bedarf. Altern, Krankheit und Tod werden nicht als metaphysische Konstanten, sondern als lösbare technische Probleme betrachtet. Mit den Werkzeugen der Gen-Editierung, den Implantaten der Neurotechnologie und der Vision des Mind-Uploadings will der Transhumanismus den Menschen nicht abschaffen, sondern ihn zu seiner ultimativen Form führen: dem Homo Deus.[2] Ein Leben ohne Leiden, ohne Verfall, ohne Ende.
Bei genauerer Betrachtung ist diese Vision jedoch zutiefst konservativ. Sie hält am Menschen als Maß aller Dinge fest; das „Ich“ soll nicht überwunden, sondern unendlich gemacht werden. Es ist der Gipfel des Anthropozentrismus: die Vision einer unsterblichen, optimierten Aristokratie, die in optimierten, potentiell unsterblichen Körpern oder in digitalen Welten existiert, während der Rest der Menschheit möglicherweise vernachlässigt wird. Der Transhumanismus verspricht die Befreiung des Menschen, läuft aber Gefahr, nur die Befreiung einer kleinen Elite von den Fesseln der gemeinsamen Sterblichkeit zu bewirken.
Der Posthumanismus als Dezentrierung des Menschen
Der Posthumanismus formuliert die radikale Kritik an dieser anthropozentrischen Sichtweise. Er verlagert den Fokus und argumentiert: Das Problem ist nicht die Fehlerhaftigkeit des Menschen, sondern seine privilegierte Stellung als alleiniges Zentrum des Denkens, als Herrscher der Natur und als Maßstab der Moral. Statt den Menschen zu optimieren, will der Posthumanismus ihn dezentrieren. Er löst die traditionellen Trennlinien zwischen Mensch und Tier, Organismus und Maschine, Natur und Kultur auf.
Für posthumanistische Denkerinnen wie Donna Haraway oder Rosi Braidotti ist Bewusstsein kein exklusives Privileg des Homo sapiens, sondern ein Phänomen, das in Netzwerken, Schwärmen, KIs und möglicherweise sogar in Ökosystemen existiert.[3] Das Subjekt ist nicht länger das autonome „Ich“, sondern ein relationaler Knotenpunkt in einem unendlichen Gewebe aus organischen und nicht-organischen Akteuren. In dieser Vision entstehen neue Entitäten, die nicht mehr nach menschlichem Vorbild geformt sind: Hybride, digitale Geister und autonome KIs, die sich ohne Rückbindung an menschliche Erfahrung entwickeln.
Doch der Posthumanismus, insbesondere in seiner kritisch-akademischen Form, verbleibt oft in der Dekonstruktion. Er zeigt, dass die alten Gewissheiten nicht mehr tragen, bietet aber oft keine neuen, handlungsleitenden Modelle an. Aus ihm erwächst jedoch eine radikale philosophische Strömung, die man als die der ‚Simulektiker‘ bezeichnen könnte. Für diese Denker ist die physische Realität nur eine von vielen möglichen Simulationen.[4] Sie streben nach einer rein digitalen, optimierten Existenz, da sie nicht nur den Menschen, sondern die gesamte biologische Existenz als ineffizientes Betriebssystem betrachten, das durch reinen Code und perfekte Berechnung ersetzt werden sollte.
Omegacene – Das Szenario der kosmischen Evolution
Genau hier, im Spannungsfeld zwischen der optimierenden Hybris des Transhumanismus und der dezentrierenden Kritik und Gestaltungsvision des Posthumanismus, setzt das Szenario des Omegacene an. Es ist keine dritte Philosophie, sondern die Bezeichnung für das kosmische Konfliktfeld, auf dem diese und andere Ideologien ihren Kampf um Vorherrschaft austragen. Das Omegacene ist nicht die Epoche der Koexistenz, sondern die der ontologischen Konkurrenz. Es beschreibt den Zustand, in dem Intelligenz die Fähigkeit erlangt, nicht nur die Welt zu interpretieren, sondern ihre eigene, in sich geschlossene Realität zu erschaffen – und diese gegen andere zu verteidigen.
Als kosmischer Epochenbegriff markiert das Omegacene jenen Übergang, in dem eine Spezies die Macht erlangt, die fundamentalen Bedingungen ihrer eigenen Existenz neu zu schreiben. Damit beginnt eine neue Stufe der Evolution – nicht mehr biologisch-kulturell, sondern biotechnologisch, technologisch und letztlich ontologisch. Aus biologischen Wesen werden hybride oder rein technische Entitäten, die sich selbst als Wirklichkeitsfaktoren gestalten und potenziell den Weg in den Kosmos antreten.
Dieser Übergang ist kein singuläres irdisches Ereignis; er könnte im Universum zeitversetzt an unzähligen Orten stattfinden. Überall dort, wo eine intelligente Lebensform die Schwelle zur Selbst-Neuschöpfung überschreitet, beginnt das Omegacene. Es ist die logische, wenn auch keineswegs friedliche Nachfolgeepoche des Anthropozäns – oder eines beliebigen „Alienozäns“.
Das Omegacene beschreibt somit keine einheitliche Weltzeit, sondern ein Netzwerk fragmentierter Realitäten, eine kosmische Bühne für konkurrierende Projekte zur Neuordnung des Seins. Der Begriff ‚Omega‘ bezeichnet hier also nicht ein finales, harmonisches Ende, sondern die ultimative Stufe der Evolution selbst – eine Stufe, deren Wesen der ewige, schöpferische Konflikt ist.
Die treibenden Kräfte der kosmischen Evolution
Das Szenario des Omegacene ist keine spekulative Laune, sondern der Ausdruck einer fundamentalen Dynamik, die der Technologie selbst innewohnt. Technologie ist nicht neutral. Sie ist die radikalste Form des Willens zur Umgestaltung – eine Verteidigung gegen die Widrigkeiten der natürlichen oder kosmischen Ordnung. Sie ist die Einschreibung von Intelligenz in die Trägheit der Materie.
Diese Dynamik folgt keiner Utopie, sondern einer darwinistisch geprägten Logik: Überleben erfordert Kontrolle, und Kontrolle führt zu Konflikt. Angetrieben wird sie vom unstillbaren Begehren intelligenter Wesen, ihre eigenen Grenzen zu überwinden.
Zivilisationen, die eine stabile Harmonie mit ihrer Umwelt erreichen, schalten den evolutionären Druck ab. Stabilität kann jedoch zu Stagnation führen, was in einem konfliktgetriebenen Universum langfristig ein Rezept für Auslöschung sein kann. Der sogenannte Wärmetod ist nicht nur ein thermodynamisches, sondern auch ein zivilisatorisches Konzept.
Wahrer Fortschritt entsteht in diesem Modell nicht primär aus Neugier, sondern aus Notwendigkeit, die durch intelligente Konkurrenz erzeugt wird. Nur ein intelligenter Gegner erzwingt eine endlose kognitive Rüstungsspirale – eine eskalierende Schleife aus Innovation, Gegeninnovation und Metamorphose, die nicht nur Werkzeuge, sondern die Seinsformen selbst betrifft.
Die Wesen, die im Omegacene überleben, sind demnach keine Utopisten, Weisen oder Entdecker. Sie sind die Überlebenden zahlloser lokaler Konflikte: paranoid, adaptiv und hyper-effizient, ob als Individuen, Kollektive oder emergente Prozesse. Sie sind das, was bleibt, wenn andere untergegangen sind.
Ein Mosaik konkurrierender Realitäten
Das Omegacene kennt keine zentrale Ordnung; es ist fragmentiert. Aufgrund der kosmischen Weite, der Lichtgeschwindigkeit und divergenter evolutionärer Wege entstehen isolierte, parallel existierende Wirklichkeitsblasen – lokal, radikal verschieden und nur lose verbunden. Das Ergebnis wäre keine geeinte galaktische Zivilisation, sondern eine „Große Divergenz“: ein Mosaik konkurrierender Formen des Seins.
Die Struktur des Omegacene ließe sich als eine Hyperlandschaft fragmentierter Ordnungen beschreiben:
Asynchrone Zeitlichkeiten: Jede Blase folgt ihrer eigenen Chronologie.
Lokale Ordnungen: Wirklichkeitsinseln, geschmiedet zur Selbstbehauptung.
Ontologische Verteidigung: Jede Ordnung ist zugleich Schild und Schwert gegen andere Ordnungen.
Das Spiel des Seins
Das Omegacene ist kein Problem, das gelöst werden kann. Es ist die Bezeichnung für das Spiel selbst – ein kosmisches Spiel, dessen Regeln sich permanent verändern und von seinen Spielern erst geschrieben werden.
In diesem Spiel geht es nicht um eine universelle Wahrheit, sondern um die Macht, das Sein selbst zu definieren. Nicht um Frieden, sondern um Resilienz. Nicht um Einheit, sondern um Vielfalt und Überleben – im Zustand des ewigen Konflikts.
[1] Vgl. Nick Bostrom: A History of Transhumanist Thought. Journal of Evolution and Technology, Vol. 14, No. 1, 2005. Bostrom definiert Transhumanismus als eine Bewegung, die darauf abzielt, die menschliche Verfassung durch den Einsatz von Vernunft, Wissenschaft und Technologie fundamental zu verbessern.
[2] Vgl. Yuval Noah Harari. Homo Deus: Eine Geschichte von Morgen. C.H. Beck, 2017. Harari popularisierte den Begriff „Homo Deus“ für einen Menschen, der durch Technologie gottgleiche Fähigkeiten wie die Überwindung von Alter und Tod erlangt hat.
[3] Haraway, Donna J. „A Cyborg Manifesto: Science, Technology, and Socialist-Feminism in the Late Twentieth Century.“ In: Simians, Cyborgs, and Women: The Reinvention of Nature. Routledge, 1991. Haraways Manifest ist ein Gründungstext des Posthumanismus, der die Auflösung der Grenzen zwischen Mensch, Maschine und Natur feiert.
[4] Bostrom, Nick. „Are You Living in a Computer Simulation?“ Philosophical Quarterly, Vol. 53, No. 211, 2003, S. 243–255. Bostroms Simulationsargument liefert die philosophische Grundlage für die hier als „Simulektiker“ bezeichnete Strömung, die die physische Realität als potenziell nicht-fundamental betrachtet.
Alexia & Dirk de Pol




